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ANNIHILATOR - Wahnsinnsmusik für Schwachsinnige!

Jeff

Auf ein Wort (oder ein paar mehr) mit Jeff Waters

 

Um es gleich vorweg zu nehmen, für mich ist ANNIHILATORs "For The Demented" das Album des Jahres. Jeff Waters hat es geschafft, mich auf ganzer Linie zu überzeugen und mir dasselbe Gefühl zu geben, das ich anno 1989 beim ersten Hören von "Alice In Hell" hatte. Zusammen mit Bassist und Co-Produzent Rich Hinks fängt der Mann hinter ANNIHILATOR den Vibe der frühen Scheiben von "Alice In Hell"  über "Never, Neverland ", "Set The World On Fire" und "King Of The Kill" ein ohne sich zu wiederholen. Am Telefon entpuppt sich Herr Waters als richtige Laberbacke im positiven Sinn und als jemand, der von seiner Sache, der Musik und Heavy Metal im Allgemeinen begeistert ist.

 

Das sympathische Multitalent räumt auch mit dem Vorurteil auf, dass es schwierig sei, mit ihm zu arbeiten, weil im Gegensatz zu anderen Bands ein beständiges Line-Up fehlt. Vielmehr ist es so, meint er, dass seine Mitstreiter sich aus familiären oder beruflichen Gründen im Guten von ihm und ANNIHILATOR getrennt haben. Jeff outet sich als durchgeknallter Heavy Metal-Fan mit einer Bandbreite von AC/DC bis CANNIBAL CORPSE. Gerne würde er selbst härtere Songs komponieren, doch das liegt nicht in seiner Natur, wie er zugibt.

 

Jeff

"For The Demented" sei für Verrückte wie ihn und beschreibt die Situation von Künstlern und Kreativen. Das Album erzählt Dinge aus der Sicht von geistig Verwirrten. Während die meisten Songs die typischen ANNIHILATOR-Trademarks aufweisen, stechen manche etwas mehr hervor. Zum einen das punkige "The Way", zum andern das balladeske "Pieces Of You" mit einem verstörenden Text über einen Typen, der seine Freundin verspeist. Der Titel "Altering The Altar" wirft die Frage nach einer Religiosität seitens Jeff Waters auf.

 

Ich habe Freunde, die sind Pro-Marihuana eingestellt und einige, die dagegen sind. Bei mir war es der Alkohol mit dem ich Party machte. Ich hab nie gekifft oder ähnliches. Ausprobiert ja, aber es war nie wirklich meins. 1999 hörte ich auf zu trinken. In meinem Leben habe ich Leute kennengelernt, die Alkohol ablehnen aber Marihuana rauchen. Es ist immer eine Kopfsache, wenn es um Abhängigkeit, Drogen und Sucht geht. Das passt zum Thema des Albums. Ich wollte nicht predigen, aber zumindest die schlechten Seiten des Marihuana-Konsums aufzeigen. Vielleicht nehme ich mir ja beim nächsten Mal die positiven Seiten vor.

 

Jeff

Da das aktuelle Album was Sound, Aggressivität und Power anbelangt die frühen ANNIHILATOR widerspiegelt, ergibt sich die Gelegenheit zur Frage nach den Anfängen.


Ich erinnere mich, wie ich damals zu meinen Vater ging und zu ihm sagte… "Dad, Metal Blade bietet mir 2500 US-Dollar für Alison Hell". Er schaute mich an und antwortete: "Sohn, wenn Leute eines Independent-Labels aus Kalifornien, die absolut nichts von und über dich wissen, dir eine solche Summe anbieten, während du ohne Plattenvertrag, im Kellergeschoß deiner Eltern in Ottawa, Kanada wohnst, dann unterschreib nicht. Denn vielleicht hast du eine rosige Zukunft vor dir". Dieser Song hat uns schließlich in der Welt bekannt gemacht. "Never, Neverland" wurde dann noch größer. Das Album war auch besser, denke ich. Aber "Alison Hell" eben als Song. Das Lustige ist, dass die Leute immer sagen: Thrash Metal, Speed Metal. Aber wenn du genau hinhörst, ist es weder Speed noch Thrash. Eigentlich ist es ein langsames Stück. Es ist sehr melodiös und der einzige Teil der wirklich heavy ist, ist der Chorus, der von Gary Holt und EXODUS beeinflusst ist. Das Solo ist ziemlich Michael Schenker-mäßig und auch von daher eher Hard Rock-typisch. Deshalb war es seinerzeit etwas komisch für mich, solche Vergleiche in Reviews zu lesen. Die Schreiber bezeichneten es als Thrash Metal, was es in Wirklichkeit aber nie war.

 

Jeff

Du hast allerdings mindestens einmal behauptet, " Alison Hell" zu hassen…


Das war sarkastisch gemeint! Ich höre mir den Song nie an. Wenn jemand in seinem Auto vorbeifährt und ihn dabei laut hört, denke ich: "Oh nein!". Ich will ihn nicht proben, denn das hasse ich. "Alison Hell" klingt sehr einfach, ist aber schwer zu spielen. Obwohl der Song langsam und melodisch ist, ist es eines unserer schwersten Stücke. Aber es ist ein Unterschied, wenn wir ihn live spielen. Man steht vorm Publikum und wird sich bewusst, dass die Leute "Alison Hell" gehört haben als sie Teenager oder Anfang zwanzig waren. Für sie hat der Song eine Bedeutung und sie mögen ihn. Dafür liebe ich das Stück.

 

Eine der coolsten Sachen in meinem Leben war, als mir Dani Filth mitteilte, dass sie es für das aktuelle CRADLE OF FILTH-Album aufnehmen wollen. Er sagte, das wäre eine Coverversion, die er schon immer machen wollte. Ich antwortete, dass das eine Ehre für mich sei. In einem Interview meinte Dani, dass er den Song jedes Mal auf der Liste hatte, wenn CRADLE OF FILTH eine neue Platte aufnahmen, aber die Musiker in der Vergangenheit nie gut genug waren, um es seinen Vorstellungen und Ansprüchen entsprechend umzusetzen. Als ich die fertige Version hörte, war ich platt. Sie ist mindestens so gut wie das Original. Und endlich hat jemand verstanden, wie man den Song umsetzen muss. Es ist nicht nur eine langweilig eingespielte Coverversion. Dani wollte den Song nicht umstrukturieren, sondern hat ihn komplett analysiert und die COF-Trademarks nur dort gesetzt, wo er es mit Respekt konnte. Beim Anhören merkte ich, wieviel Zeit er investiert hat. Als Gitarrist, Bassist, Produzent, Drummer und was auch immer, weiß ich, welcher Aufwand dahintersteckt. Deshalb kam mir sofort der Gedanke, dass ich Dani dafür zumindest ein Abendessen und ein paar Getränke schulde.

 

Jeff

Und wenigstens zweimal hättest du bei MEGADETH einsteigen sollen, richtig?


Beim ersten Mal war es eine Einladung zum Vorspielen. Jeff Loomis, Marty Friedman und ich waren wohl die drei auf denen Dave Mustaines Hauptaugenmerk lag. Es war um 1989 als wir gerade mit TESTAMENT auf Tour waren und Chuck Billy auf mich zukam und sagte: "Waters, Mustaine ist am Telefon". - "Jaja, klar"… Ich dachte, er macht Witze. Aber Dave war tatsächlich dran und wollte, dass ich die Songs der "Peace Sells…" von der ersten oder zweiten Schallplattenseite lerne und vorspiele. Also sprach ich mit unserem Manager und unserer Plattenfirma. Die gaben mir jedoch ein klares Nein als Antwort. Ich fragte wieso, das wäre doch großartig. "Du hast einen Deal mit Roadrunner und das Album 'Alice In Hell' verkauft sich riesig, deshalb: No way!". Und das war’s. Ich musste Dave einen Korb geben und er war nicht wirklich glücklich damit.

 

Im Laufe der Jahre hat er immer wieder mal durchgeklingelt, um zu fragen, ob ich nicht ein paar Soli im Studio einspielen könnte. Meist folgte aber kurz darauf ein zweiter Anruf, wo er meinte, sie hätten es doch hinbekommen und ich bräuchte nicht nach Kalifornien runter zu preschen. Dabei hatte ich immer das Gefühl als wäre ich so etwas wie sein Notnagel. Ich lernte also ein paar Mal diverse MEGADETH-Songs und war bereit einzuspringen, aber es ist nie passiert. Ich habe MEGADETH zusammen mit den SCORPIONS in Quebec gesehen. Es hat Spaß gemacht, Dave und seine Jungs zu treffen und ein bisschen Zeit mit ihnen zu verbringen. Er ist ein großartiger Kerl, eine Legende. Wir haben öfter darüber gesprochen, wenigstens mal einen Song gemeinsam zu komponieren. Vielleicht schaffen wir das, ehe wir zu alt dafür sind oder ins Gras beißen. Ich wollte schon immer mal was zusammen mit Gary Holt und Dave Mustaine machen… Gary treffe ich, wenn sie hier mit OBITUARY auftreten. Ich bin immer noch ein Metal Fan. Wenn Metal-Kapellen in Ottawa oder Montreal auftreten, versuche ich am Start zu sein. SCORPIONS, MEGADETH, EXODUS - alles innerhalb von drei Tagen - gemeinsam mit meiner Freundin.

 

Jeff

Besteht eigentlich eine Rivalität zwischen dir und ALMANAC-Kopf bzw. Ex-RAGE-Gitarrero Viktor Smolski?


Ich weiß, auf was du anspielst. Viktor Smolski hatte bei einem Gitarren-Workshop den Slot vor mir. Dort übergab ich eines meiner Signature-Gitarrenmodelle an einen Fan und behauptete es sei Viktors. Das war eine Verneigung vor seinem Talent gewürzt mit einer gehörigen Prise Ironie. Als sie mich nach ihm dranließen war ich nervös, weil er ein so guter Gitarrist ist und ich eigentlich nur verlieren konnte. Klar habe ich mit einem Augenzwinkern ein paar Witze über ihn gemacht, aber es ist das komplette Gegenteil von Rivalität. Er ist zu 110% Musiker und Verkäufer seiner Sache und lebt das. Jedes Mal wenn wir uns sehen erzählt er mir von all den ganzen Projekten die er am Laufen hat. Viktor ist der Inbegriff eines 24h-Gitarren-Workoholic.

 

Jeff

Als Dave Padden Ende 2014 nach über zehn Jahren ANNIHILATOR verließ, standest du ohne Sänger da und hast letztlich auch diesen Job wieder selbst übernommen.


Mein Live-Gesang wird mit jeder Tour um etwa 20 Prozent besser. Mittlerweile bin ich allerdings über 50 und fing erst ab meinen späten Vierzigern an, regelmäßig zu singen und dann wieder jahrelang nicht. Es ist hart und ich muss wirklich hart an mir arbeiten, weil ich ja quasi jedes Mal ganz von vorne beginne. Einige der alten ANNIHILATOR-Songs kann ich z.B. gar nicht singen, weil ich immer gute Sänger hatte. Wenn ich allerdings keine Weiterentwicklung bemerken würde, würde ich nach einem Sänger suchen, der den Fans das gibt, was sie erwarten. Ich denke, dass ich bis in 1-2 Jahren dort angekommen bin, wo ich hinmöchte.

 

Das aktuelle Line-Up der Band verteilt sich über den Globus, von Kanada bis nach England und Italien. Wie regelt ihr das mit Proben usw.


Es ist allgemein bekannt, dass ich seit den Anfängen Musiker engagiert habe. Das vermittelt den Eindruck, ich wäre hart zu meinen Bandmitgliedern oder es wäre schwer mit mir zusammenzuarbeiten. Aber 98% der Ex-ANNIHILATORs sind mir freundlich gesinnt und wir verstehen uns noch immer ausgezeichnet. Sie haben meistens wegen der Familie oder aus beruflichen Gründen aufgehört. Manchmal auch aus finanziellen oder anderen Gründen. Deshalb musste ich mich nach anderen Bassisten, Drummer usw. umsehen. Ich weiß, dass das nicht der normale Gang für eine Band ist, aber bei mir war es vom Start weg so. Und es funktioniert. Das derzeitige Line-Up besteht seit ungefähr zwei Jahren. Rich kam extra nach Kanada um mit mir an den Songs zu feilen und fungierte als Mit-Autor und Co-Produzent von "For The Demented".

 

Vor ein paar Jahren bin ich umgezogen, an einen Fluss, etwa 45 Minuten von Ottawa entfernt. Es ist ein großes Haus mit Studio und für die Zeit des Probens vor der Tour kann ich alle einfliegen lassen. Dadurch muss ich nicht selbst für ein-zwei Wochen von zuhause weg, sondern die Jungs und ein Teil der Crew kommen zu mir. Alle finden das klasse, weil sie aus ihrem gewohnten Umfeld rauskommen und sich voll auf ANNIHILATOR konzentrieren können. Wir proben, nehmen gemeinsam Mahlzeiten ein, gehen ins Kino usw. Das ist sehr entspannend für alle. Vorher war es mehr Business und fast maschinell. So wie jetzt macht es viel mehr Spaß, was man letztlich auch auf der Bühne sieht.

 

Jeff

Mehr Fragen und Antworten von Jeff Waters zum neuen ANNIHILATOR-Album findet ihr in der Nr. 103 des Rock It!-Magazins.

www.rock-it-magazine.de


www.annihilatormetal.com

Video Trailer

 

Diskographie:
1989: Alice in Hell
1990: Never, Neverland
1993: Set the World on Fire
1994: King of the Kill
1996: Refresh the Demon
1997: Remains
1999: Criteria for a Black Widow
2001: Carnival Diablos
2002: Waking the Fury
2004: All for You
2005: Schizo Deluxe
2007: Metal
2010: Annihilator
2013: Feast
2015: Suicide Society
2017: For The Demented

 

(ANNIHILATOR live pics by Bianca Wamsler)

 




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